
Reimform: ghasel
Das G. (von arab. ghazal = Gespinst, Liebesgedicht) ist jene orientalische Strophen- bzw. Gedichtform, die in der deutschen Dichtung am meisten nachgeahmt wurde. Es ist arabischen Ursprungs und erreichte seine höchste Ausbildung im 14. Jahrhundert bei dem berühmten persischen Dichter Hafis. In der orientalischen Literatur dient die Form vor allem als Loblied zum Preis des Lebensgenusses, der Liebe und des Weins, doch finden sich auch starke mystische Einschläge. Im Deutschen zeigt sich eine Tendenz zum Didaktisch-Spruchhaften. Die arabische Originalform ist durch zweigeteilte Langverse gekennzeichnet, den sog. Beits. Im ersten, dem Königsbeit, reimen die beiden Halbverse, in den folgenden nur noch die zweiten Vershälften, wobei jedoch immer derselbe Reimklang verwendet wird. Durch die Trennung des Langverses entstand die persische Vierzeile mit dem Reimschema aawa (w = Waise) und als Schema für das G. die Reimfolge aa / wa / wa / wa / (...). Vom zweiten Verspaar an ist also jeder Vers in ungerader Position eine Waise. Die Verse sind entsprechend ihrer Herkunft aus Langzeilen distichisch angeordnet, isometrisch, jedoch ohne Festlegung auf ein bestimmtes Metrum. Im Deutschen werden meist alternierende Verse mit fünf bis acht Hebungen verwendet. Die Anzahl der Verse bzw. der Distichen ist beliebig, wird jedoch durch die beschränkten Reimmöglichkeiten begrenzt. Ursprünglich umfaßte das G. mehr als vier, aber weniger als 16 Verse; im Deutschen sind zehn bis zwanzig Verse üblich. Häufig finden sich Doppelreime sowie gleitende oder (mehrsilbige) gespaltene Reime.
2023-05-16
2017-10-25
2017-05-18