Metrum: sapphisch

Die angeblich von Alkaios erfundene, aber nach der griechischen Dichterin Sappho benannte antike Odenstrophe besteht aus drei sog. sapphischen Versen und einem als abschließende vierte Verszeile gesetzten Adoneus. […] Der dritte Vers besitzt keine deutliche Versgrenze, ja an seinem Ende war nicht einmal eine Wortgrenze vorgeschrieben, so daß er und der abschließende Adoneus oft wie zu einem einzigen Vers verschmolzen erscheinen. Catull und Horaz führten die s. Str. in die römische Dichtung ein. Letzterer bildete den Elfsilbler mit einer Zäsur nach der 5. Silbe, die aber in den deutschen Nachbildungen aufgrund der damit verbundenen verstechnischen Schwierigkeiten zumeist nicht beachtet wurde. In die deutsche Literatur fand die Strophe Eingang über die lateinische Hymnendichtung des Mittelalters, wurde jedoch im Vergleich zu den anderen Odenmaßen relativ wenig verwendet. (Bei Hölderlin findet sich z. B. nur eine einzige sapphische Ode.) […] Erst Klopstock selbst und die ›Hain‹-Dichter (Hölty, Stolberg, Voß) schrieben streng antikisierende s. Str.n, wobei aber Klopstock als wichtige Neuerung den sog. Wander-Daktylus einfuhrte: Er stellte den Daktylus im 1. Vers an den Anfang, im 2. in den zweiten und im 3. in den dritten Fuß. Wird dagegen der Daktylus durchgehend an die zweite Stelle gesetzt, ergibt sich der sog. phaläkische Vers, der sich im Deutschen z. B. bei Hölty, Matthisson und Rückert findet. Eine formstrenge Erneuerung erfuhr die s. Str. im 19. Jahrhundert bei Platen. Sonst fand sie nur noch wenig Beachtung, bis sie Anfang des 20. Jahrhunderts von traditionsbewußten Lyrikern wie R. A. Schröder (Sapphische Oden) und Weinheber wiederentdeckt wurde. So kann Frank zusammenfassend feststellen, sie habe bis ins 20. Jahrhundert stets aufs neue erhabenen, wehmütigen oder leidenschaftlichen Empfindungen eine gemessene dichterische Form zu geben vermocht.